Quellen digitalisieren – ohne Buchscanner

Hat jemand von Euch einen professionellen Buchscanner, mit dem man alte (Kirchen-)bücher digitalisieren kann? Ich denke, eher nicht. Der gute Flachbettscanner vom heimischen PC ist  bei den meisten von Euch Bestandteil eines Multifunktionsdruckers, kann maximal A4-Blätter einscannen und ist auch nicht wirklich schnell. Also denkbar ungeeignet für den Einsatz im Archiv oder Pfarrbüro. Mal ganz davon ab, ob sich für Euch überhaupt die Gelegenheit bietet, ganze Kirchenbücher abzuknipsen. Das ist ein ganz anderes Thema…

Wer mich kennt, wird wissen, dass ich gern Altes mit Neuem zusammenbringe. Und vor einiger Zeit habe ich auch ein wenig Gefallen an der Fotografie gefunden. Warum also nicht das Gute mit dem Nützlichen verbinden. Auf der Suche nach einem geeigneten Stativ (davon gibt es reichliche Auswahl in allen Preisklassen) bin ich dabei über einen interessanten Blogartikel gestossen. In dem Artikel geht es darum, wie man mit einer Digitalkamera, einem Stativ und ggf. einem Blitz ein Buch abfotografieren kann. Hört sich erstmal nicht neu an und bei dem Wort Blitz zuckt man erstmal zusammen. Wer schon einmal im Halbdunkel eines Pfarrarchives versucht hat, mit einer Kompaktkamera oder gar einem Handy eine Seite abzufotografieren, den werden die dort beschriebenen Hinweise aber trotzdem brennend interessieren. Es geht nämlich auch ohne Blitz und mit sehr guter Qualität.

Was Ihr dazu braucht, ist zunächst eine Digitalkamera, die nicht nur die üblichen Motivprogramme für Strand, Berge, Blumen, schnelle Autos und Kinderlachen besitzt. Die brauchen wir alle gar nicht und das Kirchenbuch-Motivprogramm hat noch keiner im Angebot.

Die Kamera muß sich, was Belichtung, Blende und ISO-Empfindlichkeit anbetrifft, manuell einstellen lassen. Am einfachsten erkennt Ihr das, wenn auf dem Auswahlrädchen die Kürzel PASM findet. Eine DSLR (Digitale Spiegelreflexkamera) oder SLT (Systemkamera) kann das im Normalfall von Haus aus. Und auch bei einigen wenigen Kompaktkameras (wie meiner Sony HX-60V) gibt es derart rühmliche Ausnahmen. Wer also entweder so eine Kamera besitzt, demnächst noch ein Weihnachtswunsch offen hat oder sich eh für den nächsten Urlaub mit einer neuen Kamera anfreunden will, kann hier weiterlesen. Mit Handys (nein, auch nicht mit dem iPhone 7) wird das jedenfalls nichts Optimales.

Dann braucht Ihr (auch für den nächsten Urlaub auf den Malediven gut) etwas fotografisches Grundwissen. Blende, ISO und Belichtungszeit sollten keine Fremdwörter sein und das Zusammenspiel der drei Faktoren sollte in Fleisch und Blut übergehen. Bücher dazu gibt es in rauen Massen für kleines und grösseres Geld. Vielleicht schreib ich mal eins über Kirchenbuchfotografie, das fehlt irgendwie noch. Und Ihr solltet die Kamera auch bedienen und einstellen können, denn die Automatik können wir leider nicht gebrauchen.

Warum jetzt auch noch ein Stativ, wir wollen doch kein Gruppenfoto von den Messdienern machen? Der normalsterbliche Mensch zittert, und das nicht nur im ungeheizten Pfarrbüro. Selbst ein Weltmeister im Maßkrugstemmen ist davon betroffen. Länger als ein paar hundertstel bis zehntel Sekunden kann man die Hand nicht ruhig halten. Optische Bildstabilisatoren und vor allem minimale Verschlußzeiten der Kamera können dieses Problem halbwegs in den Griff bekommen. Nur benötigt man für die kurzen Verschlußzeiten auch eine gute Beleuchtung. Denkt jetzt bloß nicht an einen Blitz, der ist bei uns verboten, aber sowas von! Dann könnte man noch die ISO-Empfindlichkeit hochdrehen, spätestens ab ISO 6400 wird das Bild aber anfangen zu verrauschen. Und dann sind wir zuhause und ärgern uns über die miese Qualität. Also klemmen wir die Kamera auf ein Stativ. Optimal ist ein Stativ, bei dem die Mittelsäule (und damit auch der Stativkopf und die Kamera) um 180° nach unten drehbar ist. Die Kamera hängt dann sozusagen in der Luft parallel über dem Buch.

Nachdem das Buch also halbwegs gut von der Umgebung beleuchtet ist, solltet Ihr einen Weißabgleich mit einem Blatt Druckerpapier mit der Kamera machen. Sonst sind die Fotos nachher ziemlich gelbstichig, weil die Kamera meint, die Beleuchtung mittels der ollen 60W-Birne entspricht der Außenwelt. Dann noch fix die Höhe der Kamera am Stativ auf die Buchgröße einrichten, die Blende, Verschlußzeit und ISO an die Verhältnisse anpassen und schon kann es losgehen. Den Autofocus bracht ihr übrigens nicht, einmal manuell anfocusieren reicht. Das Buch läft ja nicht weg.

Jetzt wäre es mühsam, nach jedem Umblättern aufstehen zu müssen, um den Auslöseknopf der Kamera zu drücken. Ausserdem wackelt die Kamera damit auch wieder ein wenig. Einfacher geht es mit einem Fernauslöser, der per Kabel, Funk oder Infrarot an die Kamera angeschlossen wird. Noch genialer finde ich die Lösung des Tetherings, hier wird die Kamera per USB oder WLAN an ein Laptop (den hat man eh zum Forschen dabei) angeschlossen und gesteuert. Dann kann man mit einer Hand umblättern und mit der anderen Hand per Mausklick auslösen. Danach erscheint das soeben geschossene Foto mehr oder weniger sofort auf dem Bildschirm und kann begutachtet werden. Auch für EierPads und andere Androiden gibt es mittlerweile brauchbare Apps, wenn sie nicht gerade vom Kamerahersteller selbst stammen. Die können klasse Kameras bauen, aber keine Apps programmieren.

Ach ja, hier geht es zu dem oben erwähnten Artikel. Was mich dort ein wenig stört sind die vielen Werbeeinblendungen, aber man kann ja selektiv drüberlesen. Wir Genealogen werden zwar hoffentlich keine Kirchenbücher mit Blitzlicht fotografieren. Jedoch empfehle ich Euch, den Artikel ganz durchzulesen. Man weiss ja nie, wozu man das mal gebrauchen kann.

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