Kürzlich erreichte uns die traurige Nachricht, dass unser langjähriges Mitglied Karlheinz Volkart verstorben ist. Im letzten Jahr wurde er von der DAGV mit der Auszeichnung “Verdienter Genealoge” geehrt.
Karlheinz Volkart gehörte zu den herausragensten deutschen Genealogen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Geboren 1924 in Hannover fand er bereits früh, in seiner Jugendzeit, zur Genealogie. Nach dem II. Weltkrieg (Herr Volkart war noch aktiver Kriegsteilnehmer) setzte er seine familienkundlichen Forschungen, die in mehrere Gebiete wiesen (Thüringen, Baltikum, Schleswig, Holstein), fort.
In Hannover gehörte Volkart in den 1950er- Jahren zu den Gründungsmitgliedern des Niedersächsíschen Landesvereins für Familienkunde (der Vorgängerverein wurde bereits 1913 gegründet). 1962 war er wesentlich an der Gründung der AGmFF (Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung e.V., jetzt AMF), der Vereinigung der bundesdeutschen Genealogen, die ihr Hauptforschungsgebiet in Mitteldeutschland hatten, in Marburg beteiligt. Dieses Engagement für sich allein betrachtet ist bereits außergewöhnlich und entsprechend zu würdigen.
Bedeutender waren seine langjährige, sich über Jahrzehnte erstreckende, beharrliche Forschungstätigkeit im Gebiet des heutigen Thüringen und auch darüber hinaus. Karlheinz Volkart verinnerlichte bei seinen familienkundlichen Arbeiten die beiden Grundprinzipien genealogischer Recherchen. Akribische Einzelpersonenforschung und vollständige Auswertung der Primärquellen. Seine Forschungsergebnisse flossen in die zahlreichen von ihm veröffentlichten Aufsätze und Beiträge ein, die inhaltlich bis heute Maßstäbe setzen und sehr oft eine ungeahnte Fundgrube für die Beantwortung genealogischer Fragestellungen sind.
Ebenso gewürdigt werden muss die immerwährende Hilfs- und Auskunftsbereitschaft von Herrn Volkart. In einer Zeit, da die Genealogie noch weit entfernt von einer drohenden Kommerzialisierung war, konnte jeder bei Volkart Anfragende sicher davon ausgehen, dass er nicht nur eine befriedigende sondern in der Regel eine umfassende, quellen- und materialgestützte Antwort erhalten würde. Uneigennützig, bar jeder Unkostenforderung, ohne weitere Erwartungen.
In der deutschen Genealogielandschaft gibt es nur wenige, die eine solche Quellenkenntnis besaßen wie Karlheinz Volkart. Neben der Kenntnis von Quellen, den Überlieferungsstandorten und den Zugangsmöglichkeiten waren Herrn Volkart jedoch immer auch die Methodik der Forschung, die Art und Weise der Herangehensweise an genealogische Fragen und ungelöste Probleme geläufig.
Für ihn erschöpfte sich genealogische Recherche eben nicht in der Ermittlung der individuellen Personendaten sondern ging weit darüber hinaus. Klein- und großräumige geschichtliche Entwicklungsprozesse berücksichtigend untersuchte er die Einbettung des Individuums in seiner Zeit und stellte die Bezüge des individuellen Lebens zu den sozialgeschichtlichen, rechtsgeschichtlichen und wirtschaftlichen Veränderungsprozessen dar bzw. zeigte er den entsprechenden Kontext auf.
Summa summarum. Einer der herausragensten, einer der kundigsten, einer der bedeutensten Genealogen hat uns verlassen und die Gemeinde der deutschen Genealogen hat damit einen kaum zu kompensierenden Verlust erlitten. Solche Persönlichkeiten, die nicht nur fachlich fundiert arbeiten und sich durch ihre Produktivität und ihr publizistisches Schaffen auszeichnen und sich zugleich den Vereinen verpflichtet fühlen sind heute selten geworden. Leider.
Thomas Engelhardt, Groß Bülten, Krs. Peine