11. Genealogischer Abend “Gothaer und Eisenacher Land” zu Gast in Wechmar

RG Gotha in WechmarFoto: Tino Herrmann

Wechmar ist ein beliebtes Ziel von Genealogen und Musikbegeisterten, die auf den Spuren der großen Musikerfamilie Bach wandeln möchten. So hat auch unsere Regionalgruppe “Gothaer und Eisenacher Land” die freundliche Einladung unseres Vereinsmitglieds Knut Kreuch überaus gern wahrgenommen. Knut Kreuch ist im Hauptberuf Oberbürgermeister der Stadt Gotha und seit frühester Jugend begeisterter Heimatforscher und Genealoge. Und auch er hat mitgewirkt, die Genealogie der “Bache” weiter zu vervollständigen.

Dass die Genealogie der Musikerfamilie Bach nicht unumstritten ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Derzeit gibt es beispielsweise mindestens drei Theorien über die Herkunft des Veit Bach, dem Ururgroßvater Johann Sebastian Bachs. Dass die Familie Bach jedoch ihren Ursprung im Gothaer Land, präzise gesagt in Wechmar hat, scheint mittlerweile einhellige Meinung zu sein. Auch in einigen anderen Orten des Gothaer Landes ist der Familienname Bach schon frühzeitig nachweisbar. Ob und wann Veit Bach jedoch in “Ungern” lebte und von dort wegen seiner Konfession fliehen musste, ist nur wenig beweisbar.

Rund 20 Mitglieder der Regionalgruppe trafen sich bei schönstem Wetter am Landhaus Studnitz, dem Domizil des Wechmarer Heimatvereins.

RG Gotha in Wechmar

Gruppenfoto

Der Wetterbericht lies vermuten, dass am Nachmittag noch ein Gewitter aufzieht. Somit haben wir zuallererst die Besichtigung des historischen Ortskerns von Wechmar unternommen. Unter fachkundiger Führung von Knut Kreuch ging es zuerst entlang der Hohenkirchenstrasse entlang zum Weidenseeischen Hof. Hier konnten wir einen kurzen Einblick in den Innenhof bekommen.

In direkter Nachbarschaft befindet sich St. Viti, das weithin sichtbare Wahrzeichen Wechmars. Dieser relativ junge, achteckige Kirchenbau beeindruckt nicht nur durch seinen 68 m hohen Kirchturm, sondern durch seine Größe (1000 Sitzplätze). Vor allem aber die Helligkeit im Kirchenschiff durch die großen Fenster ist beeindruckend.

Für den Genealogen ist natürlich auch der umliegende Friedhof von Interesse, leider haben nicht sehr viele alte Grabsteine überlebt. Auch Epitaphe sind nur noch wenige vorhanden. Einige konnte man retten und Knut Kreuch wusste zu jedem eine Geschichte zu erzählen. Das Epitaph des Pfarrers Melchior Mengeweins diente übrigens jahrzehntelang als Abdeckung einer Klärgrube.

Beeindruckend war ein kleines Naturschauspiel, in dem ein Holzkreuz und eine Linde die Hauptdarsteller waren. Die Linde wurde nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 auf dem Grab eines Gefallenen Wechmarers gepflanzt und umschließt heute das Holzkreuz.

Eingewachsenes Holzkreuz
Foto: Tino Herrmann

 

Eingewachsenes Holzkreuz

Vorbei an der (ganz) alten Schule ging es die Ernst-Thälmann-Straße (früher Hohenlohestraße) entlang vorbei an der Mälzerei und dem Gasthaus. zum Goldenen Löwen. Auch hier gab es ein kleines Naturschauspiel zu bewundern. Den Schornstein der Mälzerei ziert seit einigen Jahren ein bewohntes Storchennest.

Das ehemalige obere Backhaus ist sicherlich das Highlight der Führung gewesen. Hier hat Veit Bach zusammen mit seinem Sohn Hans das Bäckerhandwerk ausgeübt und die ersten musikalischen Grundlagen gelegt. Zu Zeiten der DDR war es Fleischerei und heute beinhaltet es das Bach-Museum. Liebevoll eingerichtet erzählt es von Wechmar und seiner berühmten Musiker-Familie. Aber auch andere, etwas weniger berühmte Wechmarer kommen hier zur Geltung. Genannt sei hier beispielsweise die Instrumentenbauerfamilie Artmann oder der erste Wechmarer Heimatforscher und Lehrer Schlimbach. Auch erblickt man kleine Details zur eigenen Familiengeschichte. Ein Auszug aus dem Handelsbuch weist beispielsweise aus, dass mein Vorfahr Nicolaus Gräfenha(i)n am 8. März 1625 in seinem Amt als Wechmarer Heimbürger einem gewissen Lips Bach nach Zahlung der üblichen Gebühr das Nachbarrecht zuerkannte.

RG Gotha in Wechmar

Kopie des Gemeinderechnungsbuches

Der Heimbürger Nicolaus Gräfenhan starb übrigens knapp zwei Jahre später in Ausübung seines Amtes: “den 15. January [1627] ist Nikel Gräfenhain Sehlig im H. verschieden [und begraben] Welcher von Juncker philip Spitznaß beschediget worden Und einem schädlich Stich [nach einem Wehre] gegeben, Unner schuldener sache in dem gedachter Juncker mit einem anderen gestritten Und denselben beschedig wollen desselben gestehlen Und diesen troffen, welcher, als dazumal Heimburger, die Schatzung gesamlet in der Schencke. Got Verleihe ihm eine fröhliche Auferstehung.”

Vorbei an der Wichtelburg, der ehemaligen neuen Schule ging es zurück zum Landhaus Studnitz. Hier gab es Zeit und Gelegenheit für den genealogischen Austausch sowie eine Besichtigung. Ursprünglich war hier eines der fünf Wechmarer Rittergüter und Sitz der Familie von Spitznase. Es ging später auf die Familie des Gothaischen Oberhofmarschalls von Studnitz über. Anfang der 1990er Jahre übernahm der rührige Heimatverein die damalige Ruine und restaurierte sie in mühevoller Kleinarbeit. Einmalig in Thüringen ist vor allem der unter Denkmalschutz stehende Rokoko-Saal im Obergeschoß.

Wir haben dem Wechmarer Heimatverein und vor allem Knut Kreuch für diesen schönen und interessanten Nachmittag zu danken. Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Uraufführung des neuen Theaterstückes „Alles geht den Bach hinüber“ am 10. September um 19:30 Uhr in der Kirche St. Viti.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert